Digitale Transformation in der Praxis. Schritt #5 Weiterentwicklung

14. Nov 2023  ─  von André Zibung  ─  Digitalisierung

Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Bei der Umsetzung. Das war im letzten Artikel mit der Vorlage zum Download. Je nachdem, wo Sie, lieber Leser/liebe Leserin gerade stehen, ist das erste oder sind die ersten Projekte umgesetzt. Gratulation. Sie sind auf dem Weg in die Champions League. Mit der Nase ganz Nahe am Ziel. Was nun folgt, ist die stetige Weiterentwicklung, bei der Sie mit der Initialzündung den Grundstein für Ihren Erfolg gesetzt haben. Ambitioniert, aber nicht überfordert. Mit dem ersten Projekt und nicht mit einem aus den Fugen geratenen Rundumschlag. Was steht nun an?

Digitale Transformation und Digitalisierung in der Praxis. Fünf Schritte
Die 5. Söule der digitalen Transformation

Digitale Transformation lässt sich mit dem Aufbau eines Unternehmens vergleichen. Klein anfangen, dann wachsen und sich immer wieder verbessern. So verhält es sich auch bei der digitalen Transformation. Wagen Sie den ersten Schritt, bleiben Sie wach für die Weiterentwicklung und geben Sie Ihrem Experimentier-Gen einen sanften Stups. Was meinen wir damit?

Erleben, prototypen, weiterentwickeln…

… und immer am Ball bleiben. Meistens ist es so, dass beim ersten Projekt Blut geleckt wird. Mit höchster Wahrscheinlichkeit haben Sie bereits beim Prototyping und Testen der ersten Lösung Ihrer digitalen Transformation weitere Möglichkeiten entdeckt, die zu noch mehr Nutzen führen. Sowohl beim Kunden als auch bei der Arbeits- und Aufwandserleichterung im eigenen Unternehmen. Wenn dem so ist, versuchen Sie nicht, alles ins erste Projekt zu packen und dieses damit mit Mehrkosten und Frustrationsmechanismen an der Umsetzung zu hindern. Nehmen Sie den Fuss etwas vom Gas und besprechen Sie mit Ihrem Lieferanten die entdeckten Punkte respektive Verbesserungen. Sind Sie ohne grossen Aufwand in das laufende Projekt integrierbar? Dann ist das ok. Go for it. Wenn nicht, setzen Sie eine Roadmap auf und halten Sie die nächsten Schritte und Projekte fest, damit Sie sich nicht verlieren.

Arbeiten Sie zuerst mit der neuen Lösung. Überprüfen Sie, wieviel mehr Umsatz/Gewinn/Kundenbindung Sie damit erzielen, welche positiven Eigenschaften noch damit verbunden sind, wieviel Kosten Sie einsparen und was unbedingt weiterentwickelt werden muss und nicht in die Kategorie «nice to have» eingeordnet werden kann.

Warum diese Empfehlung?

Weder Microsoft noch Amazon, Zalando oder andere erfolgreiche Unternehmen haben ihre Softwarelösungen noch während der Lancierung im Markt geändert. Auch KMU, die mit uns die digitale Transformation umsetzen, gehen in kleineren und grösseren Schritten in der Praxis voran. Ein Beispiel:

Ein KMU auf dem Weg in die digitale Transformation hat mit dem ersten Projekt den wichtigsten Teil umgesetzt und erfolgreich eine Kundenplattform geschaffen – mit positiven Rückmeldungen der Kunden, Mitarbeitenden und Lieferanten. Projekt 2 und 3 beschreiben die Weiterentwicklung, die sie angestossen haben.

Projekt 1 (Initialzündung & Umsetzung): Kundenplattform mit automatisierten Prozessen im Bestell-/Liefer- und Rechnungswesen. Inklusive Datenbereinigung, manuelle und automatisierte Datenanreicherung, Schnittstellen in die Buchhaltung, die Lagerbewirtschaftung etc.

Projekt 2 (Weiterentwicklung): Nach Einführung der ersten Lösung, kamen von der Geschäftsleitung und von Mitarbeitenden viele Ideen, wie andere Prozesse dem Unternehmen und den Kunden die Arbeit erleichtern würden. Zudem initiierte ein Mitarbeiter einen Ideenpool für den er die Verantwortung übernahm. Er präsentierte seine Idee der ganzen Crew. Als Motivation, dabei mitzumachen, zeigte er auf, wie sich die Kundenbindung dank der Transformation bereits verbessert hat und wie diese weiter ausgebaut werden kann. In der Präsentation integriert waren konkrete Zahlen bezüglich Einsparungen und Zusatzgewinn. Daraus entstand das nächste Projekt und der erwähnte Mitarbeiter entdeckt in sich Fähigkeiten, die vorher in ihm schlummerten. Auch das sind opportune Nebeneffekte, die sich zeigen können.

Projekt 3 (Weiterentwicklung): Mitarbeitende im Lager merkten dank der neuen Lösung, dass sie bei einigen Kunden wertvolle Güter suboptimal managten und bares Geld verloren geht. Sie ergriffen Eigeninitiative und sprachen meist in der Kaffeepause über mögliche Prozesse und wie dem entdeckten «Mangel» mittels automatisierter Software entgegengewirkt werden könnte. Die Idee und ihre Überlegungen präsentierten sie der Geschäftsleitung, die weitere Zahlen und Fakten analysierte und aus den Erkenntnissen ein weiteres digitales Projekt anstiess.

Den Lagermitarbeitenden winkt eine Prämie, da sie durch diese Eigenmotivation dem Unternehmen Hinweise gaben, die eine positive Auswirkung auf den Unternehmensgewinn erbrachten. 

Das aufgezeigte Beispiel ist ein Idealfall, der dank einer offenen Kommunikation und das Miteinbinden der Mitarbeitenden zum Erfolg wurde. Wir erleben immer wieder, dass in Projekten, bei denen sich die Geschäftsleitung oder der Inhaber offen für die Transformation zeigen und sie nicht als einen lästigen Trend bezeichnen, dem man sich unterordnen muss. die gesamte Crew positiv angesteckt wird.

Weitere Vorteile: Sind die Mitarbeitenden involviert, kreieren sie Ideen, sichern sich ihre Arbeitsplätze und oft sind sie motiviert, sich weiterzubilden und der Firma aus eigenem Antrieb mehr Nutzen zu generieren. Sie sind ein Teil der Transformation, bauen Ängste ab und unterstützen den Unternehmenserfolg.

Anhaltspunkte zur Weiterentwicklung

Beobachten und verfolgen Sie das Kundenverhalten. Dies ermöglicht Ihnen, Bedürfnisse zu evaluieren und für die Kunden sowie Ihr Unternehmen Transformationsprozesse herauszukristallisieren, neue Projekte und die Weiterentwicklung voranzutreiben.

  • Erwecken Sie eine Pinwand (physisch oder digital) zum Leben, und lassen Sie Ihre Mitarbeitenden zentral Ideen kreieren und weiterentwickeln. Sie können auch monatliche «Digital Transformation Meetings/Kaffeerunden» einberufen. Sprechen Sie immer wieder mit Ihren Kunden.
  • Sie können auch Umfragen starten und direkt nachfragen, was für Veränderungen oder Verbesserungen sie wünschen. Das gilt auch für Lieferanten. Fragen Sie nach, was diese für Innovationen am Start haben und wie sie sich weiterentwickeln.
  • Werten Sie Verkaufsunterlagen aus und beobachten Sie Ihr eigenes Verhalten beim Kauf von Produkten. Interagieren Sie aktiv mit Ihrem Lösungspartner und holen Sie sich auch da Impulse ab. Und nicht zuletzt: Legen Sie den Fokus auf Entwicklungen, die allen Beteiligten Vorteile bringen und zum Unternehmenserfolg beitragen.

Es mag nach viel Aufwand klingen. Aber es ist weitaus befriedigender, wenn Sie Kunden damit gewinnen und binden, als dass bestehende abspringen und einen anderen Anbieter suchen. Und eines hat sich in der Praxis bewährt: Unternehmen, welche die digitale Transformation angestossen haben und sich weiterentwickeln, haben gute Verkaufsargumente zur Hand. Ist es nicht so, dass Sie am liebsten da Dienstleistungen nutzen, wo sie einfach und schnell zum Ziel kommen? Wo das Unternehmen weiss, was sie brauchen und Sie nicht lange in endlosen Warteschlaufen beim Support die Nerven in höchste Alarmbereitschaft versetzen? Reflektieren Sie ihre eigenen Bedürfnisse und nehmen Sie wahr, was Ihre Kunden brauchen. Das ist nach wie vor der effektivste Weg.

Bleiben Sie einfach wachsam und neugierig.

Fassen wir zusammen

Digitale Transformation ist ein Prozess und kein Projekt, das Sie einmal umsetzen und dann ist es getan. Es ist eine laufende Weiterentwicklung, die mit Ihrem Unternehmenserfolg einhergeht.

  1. Testen Sie Ihre neue Lösung auf Herz und Nieren. Geben Sie Ihrem Lösungsanbieter direkt Feedback und spielen Sie bereits beim Prototyping einen aktiven Part. Es verschont Sie vor unvorhersehbaren Fehlern.
  2. Packen Sie Erkenntnisse, die grosse Änderungen mit sich bringen und keinen Bestandteil Ihres ersten Projektes waren, nicht zusätzlich in das erste Projekt mit ein. Sprechen Sie sich unbedingt mit dem Softwareentwickler ab und vermeiden Sie eine Kostenexplosion.
  3. Erstellen Sie eine Roadmap für weitere Projekte und behalten Sie die Übersicht.
  4. Binden Sie Ihre Crew mit ein und stecken Sie die Mitarbeitenden positiv an. Kreieren Sie für sich passende Modelle, damit innovative Ideen Platz finden und das Unternehmen voranbringt
  5. Sprechen Sie immer wieder mit Kunden, Lieferanten und dem Softwareentwickler, um Inputs abzuholen.
     

Eine kleine Anmerkung noch:

Es ist nicht alles Gold was glänzt und es läuft auch nicht immer alles rund, wenn Sie sich auf den Weg machen. Das tut es im Alltag auch nicht. Wenn Sie mit dem falschen Fuss aufstehen, fallen Sie auch nicht gleich wieder zurück ist Bett. Oder wenn die Kaffeemaschine ihren Geist aufgibt, suchen Sie sich eine Alternative, um an Ihren Kaffee heranzukommen. Oft machen solche Gegebenheiten erfinderisch und geben Anstoss für Ideen. So verhält es sich auch mit der digitalen Transformation. Wenn Sie anstehen oder es nicht wie geplant läuft, heisst dies oft, dass es einen anderen oder besseren Weg gibt, der die Lösung herbeibringt.

Sie haben Fragen zum Artikel oder allgemein zur digitalen Transformation?

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